Zum Inhalt springen

Ostdeutsche Hausärzteverbände fordern Unterstützung im Kampf gegen die Pandemie und bei der Digitalisierung

Am 14. und 15. Januar 2022 trafen sich die Vorstände der ostdeutschen Hausärzteverbände zu ihrer turnusmäßigen
Jahrestagung. Zum ersten Mal war der Brandenburger Landesverband Gastgeber und lud in das Haus der
Brandenburgischen Ärzteschaft in Potsdam ein.

Zentrales Thema war die den hausärztlichen Alltag bestimmende Corona-Pandemie. Neben den fachlichen Fragen wurde darüber gesprochen, dass die herausragende Leistung der Praxen und MitarbeiterInnen politisch überhaupt nicht wahrgenommen wurde, was sich zuletzt in der erneuten Ablehnung eines Corona-Bonus für die Medizinischen Fachangestellten zeigte. „Obwohl 90% der Corona-Patienten ambulant durch unsere Praxen und nicht durch die Krankenhäuser behandelt werden, sind die Krankenhäuser Thema besonderer Schutzmaßnahmen wie dem finanziellen Schutzschirm und besonderer Dankbarkeit durch den Corona-Bonus. Die reibungslose Versorgung der Infizierten und Erkrankten durch die ambulante Medizin führt hingegen zu keinen angemessenen Konsequenzen“, sagt Dr. Karin Harre, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Brandenburg.


Ein weiteres großes Thema war die vom Gesetzgeber verordnete Digitalisierung des Gesundheitswesens. Diese habe
bisher zu keinerlei Vereinfachung in den Praxen geführt, sondern im Gegenteil zu einem Wust an Zusatzaufgaben
und nicht funktionierender EDV. Die Einführung von elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und das
elektronische Rezept seien mit sträflicher Eile vom abgetretenen Gesundheitsminister noch schnell vor der Wahl
beschlossen worden, dabei gibt es in der gesamten Republik noch keine erfolgreichen Praxistests. „Die Patienten und
wir sollten im Alltag testen! Früher sagte man dazu Banana-Ware: Software, die beim Kunden reift. Immerhin wurde
das E-Rezept bis auf weiteres verschoben, weil dieses für alle ganz offensichtlich in die Katastrophe geführt hätte.
Diese Konsequenz hätte man sich bei der eAU auch gewünscht“, so Harre.
Zusätzlich gilt ab 01.01.2022 die verschärfte IT-Sicherheitsrichtlinie, deren Anforderungen es nötig machen würden,
einen EDV-Spezialisten zu beauftragen und zu bezahlen, da die Auflagen durch eine Einzelperson nicht mehr zu
bewältigen seien. Dadurch werde aber kein Patient besser behandelt als zuvor.
Die ostdeutschen Hausärzteverbände fordern deshalb, dass die bisherigen und zukünftigen Digitalisierungsvorhaben
auch den PatientInnen und den Praxen nützen und nicht wie bisher nur den Krankenkassen, die auf dem Rücken der
Ärztinnen und Ärzte Millionen Euro für ihre Verwaltung einsparen.
„Wir fordern, dass die bei den Krankenkassen eingesparten Gelder fair zwischen uns und den Krankenkassen
aufgeteilt werden, sodass wir zusätzliche IT-Mitarbeiter einstellen und unser Personal und uns selbst entsprechend
qualifizieren können“, fasst Harre die Meinung der Kolleginnen und Kollegen zusammen. „Schließlich haben wir
Medizin gelernt, und nicht, handwerklich schlecht gemachte IT zu bedienen. Um all dieses mussten wir uns nebenbei
kümmern, während auf Hochtouren geimpft, getestet und behandelt wurde“.


Aus dem Koalitionsvertrag beschäftigte die Hausärztinnen und Hausärzte noch besonders die dort sogenannte
„community health nurse“, zu Deutsch etwa Gemeindeschwester. „Diese wird als uralter Hut mal wieder neu
erfunden, diesmal auf Englisch“, sagt Harre. Die Aufgaben einer Gemeindeschwester würden jedoch durch die
häuslichen Krankenpflegedienste und die speziell weitergebildeten nichtärztlichen PraxisassistentInnen (NäPA und
AGNES2) schon längst übernommen: allein in Brandenburger Arztpraxen gibt es seit Jahren davon mehr als 400.
Es gehe in der Politik offenbar mehr um den Anschein als um tatsächliche Verbesserung der medizinischen
Versorgung. Jüngstes Beispielspiel hierfür sei der Beschluss, die Apotheken in die Impfkampagne einzubeziehen. „Es
hat nie an Impfstellen gefehlt. Was fehlte war der Impfstoff! Wir fordern deshalb erneut, die Arztpraxen mit einer
ausreichenden Menge an allen Impfstoffen gegen Sars-Cov2 zu versorgen und die begrenzten Mengen nicht weiter
aufzusplitten“, so die Vorsitzende des Hausärzteverbandes Brandenburg.